Viva España

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Die größte Spanische Bank, die Banco Santander, wird neuerdings von einer Frau geführt.

Das ist in der männerdominierten Bankenbranche eine kleine Sensation, auch wenn es absehbar war, weil die Leitung dieser Bank in einzigartiger Weise seit mehr als einhundert Jahren in der Hand einer Familiendynastie liegt und ähnlich weitergegeben wird wie der Herrschertitel großer Königshäuser. So gesehen ist Patricia Botin jetzt die Queen der Bankenwelt. Sie wurde unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters, dem bisherigen Präsidenten der Bank, vom Verwaltungsrat der Banco Santander als dessen Nachfolgerin benannt. Hätte Emilio Botin einen Sohn zum Nachfolger benannt, wäre das den Zeitungen dieser Welt wohl nur im Wirtschaftsteil eine Nachricht wert gewesen. Spektakulär wird die Nachricht erst dadurch, dass es sich um eine Frau in einer der höchsten wirtschaftlichen Führungspositionen in der europäischen Wirtschaftszone handelt. Es dürfte noch viele Jahrzehnte dauern, bis die Besetzung solcher Spitzenpositionen durch Frauen zur Normalität wird. Wobei die Exklusivität einer solchen Nachricht und das hohe öffentliche Interesse daran an sich ja gar nicht so bedauerlich sind. Bedauerlich ist die Tatsache, dass Frauen wie Patricia Botin sich, ungeachtet ihrer unbestrittenen Kompetenz für den jeweiligen Job, mit Fragen und Vorurteilen auseinandersetzen müssen, die männlichen Kollegen in gleicher Situation nie gestellt würden. Hätte sie diesen Posten auch bekommen, ohne dass sie den Nachnamen Botin trägt und die Tochter des bisherigen Präsidenten ist, lautet zum Beispiel eine in der Presse mehrfach zu lesende Frage. Wird sie genug Biss haben, um sich in der männerdominierten Bankenwelt durchzusetzen, eine andere.

Dagegen liest man in Pressestimmen zu Neubesetzungen ähnlich wichtiger Spitzenpositionen durch Männer regelmäßig einen meist lobenden Hinweis über deren vielversprechende Vita, auf Grund derer sie für den Job befähigt sein sollen. Um es auf einen kurzen Nenner zu bringen: Männer erhalten Vorschusslorbeeren, Frauen Vorurteile. Die Frage ist nicht nur wann, sich das ändern wird, sondern vielmehr, wer was dazu beitragen muss, dass es sich irgendwann ändert? Wer kann diesen notwendigen Umdenkprozess in den Köpfen der meisten Menschen anstoßen? Die Presse dürfte da in vorderster Linie stehen. Sie bedient durch die Art ihrer Berichterstattung immer noch die alten Klischees, teilweise, vielleicht sogar ohne es zu merken, vermutlich jedenfalls häufig ohne schlechte Absichten. Mit Presseschelte allein dürfte es jedenfalls nicht getan sein. Umdenkprozesse müssen regelmäßig, wenn sie wirksam werden sollen, vor allem bei der jungen Generation angestoßen und verankert werden, und zwar in möglichst breiter Streuung unter der Bevölkerung. Es dürfte also entscheidend darauf ankommen, was unsere Frauengeneration der nächsten jüngeren Generation vorlebt und damit auch an Selbstvertrauen vermittelt. Nach zahlreichen Gesprächen mit jungen Frauen der nächsten Juristengeneration, insbesondere jungen Referendarinnen und deren Zukunfts- und Karrierevorstellungen, beschleichen mich leider leise Zweifel, ob unsere Frauengeneration bisher ein gutes Vorbild war. Wollen wir hoffen, dass ich mich täusche, zumindest aber das es vielleicht in anderen europäischen Ländern, in denen der Anteil Vollzeit arbeitender Mütter höher ist als hierzulande, besser ist. Spanien zumindest hat durch Patricia Botin jetzt ja zumindest ein neues Vorbild – Viva España

Pia-Alexandra Kappus