Eine wahre Weihnachtsgeschichte

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Manchmal schenkt einem das Leben Glücksmomente der Menschlichkeit.
Ein solcher ist mir unlängst widerfahren, als ich auf dem Weg zur Frankfurter S-Bahn in die dortige Unterführung an der „Hauptwache“ ging. Jedes Jahr in der Adventszeit musizieren dort an den vier Adventswochenenden Schüler eines Frankfurter Gymnasiums und sammeln von den Zuhörern Geld für einen guten Zweck, meist für ein zuvor ausgesuchtes soziales Projekt. Das Schulorchester spielt fröhliche und klassische Weihnachtslieder, die nicht nur von Schülern des Schulchors, sondern auch von umstehenden Passanten mitgesungen werden (können). So verbreitet sich vorweihnachtliche Stimmung und der aufgestellte Geigenkasten füllt sich mit Münzen und Geldscheinen für den guten Zweck. Auch ich geselle mich einen Moment zu den Passanten und komme dabei neben einem auf eine Krücke gestützten alten Mann zum Stehen, dessen äußeres Erscheinungsbild auf Obdachlosigkeit, zumindest aber auf große Armut schließen lässt. Auch er lauscht andächtig der Musik und bewegt seine Krücke rhythmisch zur Melodie. Als ich einige Schritte auf den Geigenkasten zu mache, um einen Geldschein hineinzuwerfen, bemerke ich, dass auch er zum Geigenkasten getreten ist und seinen Becher, in dem er offensichtlich erbettelte Geldstücke hat , in den Geigenkasten leert – und zwar komplett!
Mich rührt diese Szene zu Tränen und plötzlich blitzt in dieser kahlen Umgebung einer U/S-Bahnunterführung der wahre Geist von Weihnachten auf.
Ich habe nicht gesehen, wieviel Geld aus dem Becher in den Geigenkasten fiel, aber darauf kommt es auch nicht an. In jedem Fall war es bezogen auf das, was der Mann an finanziellen Mitteln hatte, zigfach mehr als mein 5 Euro-Schein im Verhältnis zu meinem Einkommen. Vor allem aber ist es eine große Geste der Mitmenschlichkeit und ein wunderbarer Ausdruck seines Stolzes und seiner Würde und seiner Eingebundenheit in die menschliche Solidargemeinschaft. Während wir dazu neigen, Obdachlose und Bettler aus unserer Gesellschaft auszuschließen, hat dieser Mann sich als Teil der menschlichen Solidargemeinschaft gefühlt und so verhalten. Selbst auf Spenden angewiesen, hat er sein Weniges mit anderen Bedürftigen geteilt. Wem bis zu dieser wirklich wahren, im Dezember 2017 mitten in Frankfurt a. M. geschehen Geschichte noch nicht klar war, dass der Wert und die Würde eines jeden Menschen nicht am Inhalt seiner Geldbörse und auch nicht an der Höhe der Steuern, die er zahlen muss, hängt, der sollte so kurz vor Weihnachten vielleicht noch einmal in sich gehen und sich vom wahren Geist der Weihnacht erfassen lassen.
Pia-Alexandra Kappus